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Felixmüller, Conrad(Dresden 1897 - 1977 Berlin)

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Felixmüller, Conrad
(Dresden 1897 - 1977 Berlin)
Wintertag auf der Zeche. Pinsel u. Feder in Tusche auf JW Zanders Bütten. 1922. 64,8 x 50 cm, im Passepartout freigestellt. Unter Glas gerahmt.
Signiert. Verso signiert, datiert u. betitelt.

Provenienz: 1924 Ankauf durch Ludwig Justi für die Nationalgalerie im Kronprinzenpalais, Berlin; 1937 im Rahmen der Ausstellung "Entartete Kunst" Beschlagnahmung durch das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda; 1938 Sonderbestand Propagandaministerium; 1943/44 Kunsthandel Bernhard A. Böhmer, Güstrow; 1945 Nachlass Böhmer/ Wilma Zelck, Rostock/Berlin/Hamburg; 1953/54 Peter B. Böhmer, Hamburg; 1962 Kunsthaus Lempertz, Auktion 469, Nr. 203; 1971 Sammlung Dr. Rudolf H. Hintermayer, Wien; Kunsthandel Berlin, dort vom Vorbesitzer erworben. - Ausgestellt in: Conrad Felixmüller. Aquarelle und Tuschzeichnungen aus dem Kohle- und Industrierevier am Rhein. Berlin, Nationalgalerie im Kronprinzenpalais, 1923 (ohne Katalog) sowie ausgestellt und abgebildet in: Conrad Felixmüller. Die frühen Jahre. Berlin, Fischer Kunsthandel & Editionen, 2007, ohne Seitenangabe. - 1920 erhielt Felixmüller wider Erwarten den Sächsischen Staatspreis, der zu Zeiten des Ersten Weltkrieges ausgesetzt und 1919 erstmals wieder ausgeschrieben worden war. Mit ihm verbunden war ein zweijähriger Arbeitsaufenthalt in der Deutschen Akademie in Rom, der Villa Massimo. Ende des Jahres schrieb Felixmüller noch an seinen Förderer Heinrich Kirchhoff: "Hier wird der Rom=preis für Maler ausgeschrieben: ich werde mich eventuell daran beteiligen [...] Doch gestehe ich ganz offen: ich weiß wirklich nicht, was ich in Italien sollte, zumal ich so viel hier noch zu arbeiten hätte." (Felixmüller, zitiert nach: Jutta Penndorf, Conrad Felixmüller und seine Sammler in den Dresdner Jahren, in: Spielmann 1996, S. 36) - Entsprechend bat Felixmüller, die Studiengelder anders verwenden zu dürfen und trat 1920 eine Studienreise ins rußverhangene rheinische Kohlenrevier an. Der Schwager Kirchhoffs, Ernst Dupierry, war hier Direktor eines Maschinenbau-Unternehmens und verschaffte Felixmüller Zugang zu mehreren Zechen. Tief beeindruckt von der schweren Arbeit im Stollen und der Widerstandsfähigkeit der Menschen resümierte er später: "Es wird mir unvergeßlich im Herzen stehen, wie traurig die monotonen, verrußten Arbeiterhäuser in der verqualmten Landschaft, direkt an den riesigen Untieren menschenfressender Zechen stehen. Oft begegneten uns Menschen; ich hatte immer das Gefühl, daß es herzensgute Menschen waren, die entweder schichtfrei waren, oder daß es eine Bergmannsfrau mit dem kleinen Bergmannskinde war (dem zukünftigen Bergmann). Vielleicht ist es von mir nur gefühlt: aber ich sah so oft in ihren Gesichtern den schweren Kampf des Menschen um seine persönliche Existenz, zugleich den Kampf des Menschen als Gesellschaft und wiederum zugleich als Kampf des Menschen mit den Naturmächten, denen er Stück um Stück, bildlich wie tatsächlich, mit der Spitzhacke, das allernotwendigste entreißt." (Felixmüller, zitiert nach: Peter Barth, Ruhrrevier 1920, in: Conrad Felixmüller. Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum Schloss Gottorf u.a., 1990/91, S. 26) - Zurück in Klotzsche bei Dresden brachte Felixmüller seine Eindrücke zu Papier und Leinwand. Zu der entstandenen Werkgruppe gehört auch der "Wintertag auf der Zeche" von 1922. Mit kraftvollem, entschlossenem Strich setzt Felixmüller einen Bergbauarbeiter im Profil, den Mantelkragen aufgestellt, die Schultern zum Schutz vor der Kälte hochgezogen, in den äußersten Bildvordergrund. Hinter ihm öffnet sich das schneebedeckte Gelände der Zeche mit qualmenden Schloten und Förderturm, darüber hängt ein schwarzer Himmel. In einem sanften Bogen zieht sich eine Spur aus Fußstapfen in die Bildmitte und setzt den Arbeiter formal und inhaltlich in Beziehung zu der Industrieanlage. Das ausgezehrte Gesicht mit eingefallenen Wangen verweist auf die harte Arbeit und materielle Not des Mannes, der dennoch entschlossen und zielgerichtet nach vorne blickt. - "Felixmüllers Thema ist der Industriearbeiter, der im Zentrum der gesellschaftlich-technischen und politischen Entwicklung der Zeit steht. Auch erschöpft sich Felixmüller nicht in der Darstellung von Not, Armut und Entbehrung der proletarischen Existenz." Vielmehr zeigen sich in den erschlossenen Blicken der Dargestellten "Hoffnungen und Sehnsüchte auf eine gerechtere Gesellschaft" (Peter Barth, ebenda, S. 28). - Die Blattkanten fachmännisch restauriert.

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29 Oct 2022
Germany, Berlin
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Felixmüller, Conrad
(Dresden 1897 - 1977 Berlin)
Wintertag auf der Zeche. Pinsel u. Feder in Tusche auf JW Zanders Bütten. 1922. 64,8 x 50 cm, im Passepartout freigestellt. Unter Glas gerahmt.
Signiert. Verso signiert, datiert u. betitelt.

Provenienz: 1924 Ankauf durch Ludwig Justi für die Nationalgalerie im Kronprinzenpalais, Berlin; 1937 im Rahmen der Ausstellung "Entartete Kunst" Beschlagnahmung durch das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda; 1938 Sonderbestand Propagandaministerium; 1943/44 Kunsthandel Bernhard A. Böhmer, Güstrow; 1945 Nachlass Böhmer/ Wilma Zelck, Rostock/Berlin/Hamburg; 1953/54 Peter B. Böhmer, Hamburg; 1962 Kunsthaus Lempertz, Auktion 469, Nr. 203; 1971 Sammlung Dr. Rudolf H. Hintermayer, Wien; Kunsthandel Berlin, dort vom Vorbesitzer erworben. - Ausgestellt in: Conrad Felixmüller. Aquarelle und Tuschzeichnungen aus dem Kohle- und Industrierevier am Rhein. Berlin, Nationalgalerie im Kronprinzenpalais, 1923 (ohne Katalog) sowie ausgestellt und abgebildet in: Conrad Felixmüller. Die frühen Jahre. Berlin, Fischer Kunsthandel & Editionen, 2007, ohne Seitenangabe. - 1920 erhielt Felixmüller wider Erwarten den Sächsischen Staatspreis, der zu Zeiten des Ersten Weltkrieges ausgesetzt und 1919 erstmals wieder ausgeschrieben worden war. Mit ihm verbunden war ein zweijähriger Arbeitsaufenthalt in der Deutschen Akademie in Rom, der Villa Massimo. Ende des Jahres schrieb Felixmüller noch an seinen Förderer Heinrich Kirchhoff: "Hier wird der Rom=preis für Maler ausgeschrieben: ich werde mich eventuell daran beteiligen [...] Doch gestehe ich ganz offen: ich weiß wirklich nicht, was ich in Italien sollte, zumal ich so viel hier noch zu arbeiten hätte." (Felixmüller, zitiert nach: Jutta Penndorf, Conrad Felixmüller und seine Sammler in den Dresdner Jahren, in: Spielmann 1996, S. 36) - Entsprechend bat Felixmüller, die Studiengelder anders verwenden zu dürfen und trat 1920 eine Studienreise ins rußverhangene rheinische Kohlenrevier an. Der Schwager Kirchhoffs, Ernst Dupierry, war hier Direktor eines Maschinenbau-Unternehmens und verschaffte Felixmüller Zugang zu mehreren Zechen. Tief beeindruckt von der schweren Arbeit im Stollen und der Widerstandsfähigkeit der Menschen resümierte er später: "Es wird mir unvergeßlich im Herzen stehen, wie traurig die monotonen, verrußten Arbeiterhäuser in der verqualmten Landschaft, direkt an den riesigen Untieren menschenfressender Zechen stehen. Oft begegneten uns Menschen; ich hatte immer das Gefühl, daß es herzensgute Menschen waren, die entweder schichtfrei waren, oder daß es eine Bergmannsfrau mit dem kleinen Bergmannskinde war (dem zukünftigen Bergmann). Vielleicht ist es von mir nur gefühlt: aber ich sah so oft in ihren Gesichtern den schweren Kampf des Menschen um seine persönliche Existenz, zugleich den Kampf des Menschen als Gesellschaft und wiederum zugleich als Kampf des Menschen mit den Naturmächten, denen er Stück um Stück, bildlich wie tatsächlich, mit der Spitzhacke, das allernotwendigste entreißt." (Felixmüller, zitiert nach: Peter Barth, Ruhrrevier 1920, in: Conrad Felixmüller. Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum Schloss Gottorf u.a., 1990/91, S. 26) - Zurück in Klotzsche bei Dresden brachte Felixmüller seine Eindrücke zu Papier und Leinwand. Zu der entstandenen Werkgruppe gehört auch der "Wintertag auf der Zeche" von 1922. Mit kraftvollem, entschlossenem Strich setzt Felixmüller einen Bergbauarbeiter im Profil, den Mantelkragen aufgestellt, die Schultern zum Schutz vor der Kälte hochgezogen, in den äußersten Bildvordergrund. Hinter ihm öffnet sich das schneebedeckte Gelände der Zeche mit qualmenden Schloten und Förderturm, darüber hängt ein schwarzer Himmel. In einem sanften Bogen zieht sich eine Spur aus Fußstapfen in die Bildmitte und setzt den Arbeiter formal und inhaltlich in Beziehung zu der Industrieanlage. Das ausgezehrte Gesicht mit eingefallenen Wangen verweist auf die harte Arbeit und materielle Not des Mannes, der dennoch entschlossen und zielgerichtet nach vorne blickt. - "Felixmüllers Thema ist der Industriearbeiter, der im Zentrum der gesellschaftlich-technischen und politischen Entwicklung der Zeit steht. Auch erschöpft sich Felixmüller nicht in der Darstellung von Not, Armut und Entbehrung der proletarischen Existenz." Vielmehr zeigen sich in den erschlossenen Blicken der Dargestellten "Hoffnungen und Sehnsüchte auf eine gerechtere Gesellschaft" (Peter Barth, ebenda, S. 28). - Die Blattkanten fachmännisch restauriert.

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29 Oct 2022
Germany, Berlin
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