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Hehn, Victor, Kulturhistoriker (1813-1890).

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Hehn, Victor, Kulturhistoriker (1813-1890).

70 eigenh. Briefe mit Unterschrift sowie 13 eigenh. Postkarten mit Unterschrift.

Berlin, Rom, Bad Ems etc., 31. III. 1876 bis 12. II. 1890. Diverse Oktav-Formate. Zus. ca. 258 Seiten. Auf Fälzchen gebunden. Pergament d. Zt. mit handschriftl. Deckeltitel "Hehn's Briefe" und Eintrag des Empfängers in Innendeckel "Briefe Victor Hehn's an Herman Wichmann".

An seinen Freund, den Komponisten Herman Wichmann (1823-1905) in Italien. Wichmann hat die Briefe 1890 im Druck herausgegeben und mit Fussnoten ergänzt: "Briefe Victor Hehns von 1876 bis zu seinem Tode 23. März 1890 an seinen Freund Herman Wichmann" (Stuttgart, Cotta, 1890). Die Druckvorlage hierzu hat sich in Hehns Nachlass innerhalb des Cotta-Archivs im DLA Marbach erhalten. Unser Sammelband enthält alle Brieforiginale der Druckausgabe (mit einer Ausnahme: Brief vom 19.II.1889; keine Fehlstelle in der Bindung erkennbar). Ein Manuskriptblatt „Richard Wagner“ (Druckausgabe S. 119 f.) ist ebenfalls vorhanden. Der Empfänger und Herausgeber hat die Briefe mit rotem und blauem Farbstift markiert: die roten Unterstreichungen kennzeichnen die Stellen, zu denen er eine Fussnote verfasst oder geplant hat, die blauen Markierungen geben jene Stellen an, die im Druck ausgelassen worden sind. Wichmann schreibt zu den Auslassungen in seinem Vorwort: "Nur solche Stellen, deren Veröffentlichung nicht im Sinn des Verewigten zu liegen schien, sind gestrichen worden." Indes zeigen die gestrichenen Passagen fast durchwegs eine unverhohlene antisemitische Tendenz, etwa in der folgenden kleinen Auswahl von Stellen: "Es hat sich bei mir, seit ich in Berlin lebe, eine ganze Theorie des Judenthums in Kopf und Herzen angesammelt, aus der ich kein Hehl machen will, wenn ich wieder einmal die Freude haben werde, mit Ihnen unter vier Augen reden zu dürfen. Für heute nur so viel: Es ist so weit gekommen, dass wenn ein Deutscher im Gespräch über Juden eine Bemerkung fallen lässt, er unwillkürlich seine Stimme dämpft, wie früher derjenige that, der dem König etwas Böses nachsagen wollte. Die Juden sind die Herrscher und lassen uns nichts durchgehen. Wenn Jemand in einem Brief aus Rom an einen Freund in Berlin einen Ausdruck braucht, der einem Juden nicht gefällt, so nimmt sich dieser beschnittene Dritte schon heraus, dem Schreiber desshalb einen Sermon zu halten und eine Art Verweis zu ertheilen. So weit sind wir." (11. IV. 1878) – "Beiläufig, der Judenkampf geht in Berlin und in ganz Deutschland munter fort, die orientalischen Parasiten, die an dem Mark des Germanismus zehren, lassen sich aber in ihrer stillen Arbeit nicht stören. Neulich haben sie in Weimar einen sogenannten Schriftstellertag abgehalten und unter den mehr als hundert Anwesenden war kaum ein Deutscher reinen Blutes […] Was Schiller dazu gesagt hat, weiss ich nicht, aber Goethe wird sehr unwillig gewesen sein, denn als geborener Frankfurter wusste er hierin Bescheid […] das berühmteste Mitglied aber Paul Lindau, Verfasser der Gräfin Lea, der Shakespeare des neunzehnten Jahrhunderts." (3. X. 1880) – "Jetzt zu Stöcker. Er ist der bestgehassteste, der tödlich gehasste unter den öffentlichen Charakteren, gehasst nämlich bei den Freisinnigen und Juden (beides ist ja eins und dasselbe) […] Stöcker ist ein Volksredner ersten Ranges, ein kleiner Luther, der wie dieser den Muth gehabt hat, ins Wespennest zu greifen; er hat der Partei, die es zu bekämpfen gilt, empfindlichen Schaden gebracht […] Ich bin ein Fremdling in diesen Landen und habe nicht einmal das Wahlrecht […]" (16. V. 1888) – Der Deutschbalte Victor Hehn wirkte als Lektor an der Universität Dorpat und Bibliothekar in St. Petersburg. Nach seiner Pensionierung 1873 lebte er als freier Autor in Berlin. Er war überzeugter Anhänger Bismarcks und scharfer Zeitkritiker: "Könnte man sämmtliche deutsche Journalisten ausrotten, das Bildungs-Niveau der Nation würde sich in Jahresfrist merklich erhöhen". Sein Briefpartner, der Berliner Herman Wichmann war Komponist, ein Schüler von Mendelssohn und Spohr, Mitglied des "Tunnels über der Spree" und auch Briefpartner Fontanes. Er war bekannt für seine Lieder, die mit großem Erfolg durch Jenny Lind und Marianna Parisotti vorgetragen wurden. Wegen eines Augenleidens musste Wichmann lange in Italien leben. Italien spielt daher in Hehns Briefen eine grosse Rolle. – Die Gegenbriefe Wichmanns, über 400 Briefe und Karten, liegen in der Staatsbibliothek Berlin, Musikabteilung. – Stellenweise minimal fleckig, einige Einrisse alt ausgebessert. – Provenienz: Familienbesitz.

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24 Sep 2019
Switzerland, Zurich
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Hehn, Victor, Kulturhistoriker (1813-1890).

70 eigenh. Briefe mit Unterschrift sowie 13 eigenh. Postkarten mit Unterschrift.

Berlin, Rom, Bad Ems etc., 31. III. 1876 bis 12. II. 1890. Diverse Oktav-Formate. Zus. ca. 258 Seiten. Auf Fälzchen gebunden. Pergament d. Zt. mit handschriftl. Deckeltitel "Hehn's Briefe" und Eintrag des Empfängers in Innendeckel "Briefe Victor Hehn's an Herman Wichmann".

An seinen Freund, den Komponisten Herman Wichmann (1823-1905) in Italien. Wichmann hat die Briefe 1890 im Druck herausgegeben und mit Fussnoten ergänzt: "Briefe Victor Hehns von 1876 bis zu seinem Tode 23. März 1890 an seinen Freund Herman Wichmann" (Stuttgart, Cotta, 1890). Die Druckvorlage hierzu hat sich in Hehns Nachlass innerhalb des Cotta-Archivs im DLA Marbach erhalten. Unser Sammelband enthält alle Brieforiginale der Druckausgabe (mit einer Ausnahme: Brief vom 19.II.1889; keine Fehlstelle in der Bindung erkennbar). Ein Manuskriptblatt „Richard Wagner“ (Druckausgabe S. 119 f.) ist ebenfalls vorhanden. Der Empfänger und Herausgeber hat die Briefe mit rotem und blauem Farbstift markiert: die roten Unterstreichungen kennzeichnen die Stellen, zu denen er eine Fussnote verfasst oder geplant hat, die blauen Markierungen geben jene Stellen an, die im Druck ausgelassen worden sind. Wichmann schreibt zu den Auslassungen in seinem Vorwort: "Nur solche Stellen, deren Veröffentlichung nicht im Sinn des Verewigten zu liegen schien, sind gestrichen worden." Indes zeigen die gestrichenen Passagen fast durchwegs eine unverhohlene antisemitische Tendenz, etwa in der folgenden kleinen Auswahl von Stellen: "Es hat sich bei mir, seit ich in Berlin lebe, eine ganze Theorie des Judenthums in Kopf und Herzen angesammelt, aus der ich kein Hehl machen will, wenn ich wieder einmal die Freude haben werde, mit Ihnen unter vier Augen reden zu dürfen. Für heute nur so viel: Es ist so weit gekommen, dass wenn ein Deutscher im Gespräch über Juden eine Bemerkung fallen lässt, er unwillkürlich seine Stimme dämpft, wie früher derjenige that, der dem König etwas Böses nachsagen wollte. Die Juden sind die Herrscher und lassen uns nichts durchgehen. Wenn Jemand in einem Brief aus Rom an einen Freund in Berlin einen Ausdruck braucht, der einem Juden nicht gefällt, so nimmt sich dieser beschnittene Dritte schon heraus, dem Schreiber desshalb einen Sermon zu halten und eine Art Verweis zu ertheilen. So weit sind wir." (11. IV. 1878) – "Beiläufig, der Judenkampf geht in Berlin und in ganz Deutschland munter fort, die orientalischen Parasiten, die an dem Mark des Germanismus zehren, lassen sich aber in ihrer stillen Arbeit nicht stören. Neulich haben sie in Weimar einen sogenannten Schriftstellertag abgehalten und unter den mehr als hundert Anwesenden war kaum ein Deutscher reinen Blutes […] Was Schiller dazu gesagt hat, weiss ich nicht, aber Goethe wird sehr unwillig gewesen sein, denn als geborener Frankfurter wusste er hierin Bescheid […] das berühmteste Mitglied aber Paul Lindau, Verfasser der Gräfin Lea, der Shakespeare des neunzehnten Jahrhunderts." (3. X. 1880) – "Jetzt zu Stöcker. Er ist der bestgehassteste, der tödlich gehasste unter den öffentlichen Charakteren, gehasst nämlich bei den Freisinnigen und Juden (beides ist ja eins und dasselbe) […] Stöcker ist ein Volksredner ersten Ranges, ein kleiner Luther, der wie dieser den Muth gehabt hat, ins Wespennest zu greifen; er hat der Partei, die es zu bekämpfen gilt, empfindlichen Schaden gebracht […] Ich bin ein Fremdling in diesen Landen und habe nicht einmal das Wahlrecht […]" (16. V. 1888) – Der Deutschbalte Victor Hehn wirkte als Lektor an der Universität Dorpat und Bibliothekar in St. Petersburg. Nach seiner Pensionierung 1873 lebte er als freier Autor in Berlin. Er war überzeugter Anhänger Bismarcks und scharfer Zeitkritiker: "Könnte man sämmtliche deutsche Journalisten ausrotten, das Bildungs-Niveau der Nation würde sich in Jahresfrist merklich erhöhen". Sein Briefpartner, der Berliner Herman Wichmann war Komponist, ein Schüler von Mendelssohn und Spohr, Mitglied des "Tunnels über der Spree" und auch Briefpartner Fontanes. Er war bekannt für seine Lieder, die mit großem Erfolg durch Jenny Lind und Marianna Parisotti vorgetragen wurden. Wegen eines Augenleidens musste Wichmann lange in Italien leben. Italien spielt daher in Hehns Briefen eine grosse Rolle. – Die Gegenbriefe Wichmanns, über 400 Briefe und Karten, liegen in der Staatsbibliothek Berlin, Musikabteilung. – Stellenweise minimal fleckig, einige Einrisse alt ausgebessert. – Provenienz: Familienbesitz.

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