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KURT BUNGE

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KURT BUNGE
(1911 Bitterfeld - 1998 Kassel)

Jugend, 1950
Öl auf Hartfaserplatte, 129 x 83 cm, gerahmt, unten signiert und datiert.

Provenienz: Privatbesitz Sachsen-Anhalt

Der in Bitterfeld geborene Bunge studierte von 1928 bis 1933 an der Kunstschule Burg Giebichenstein in Halle/Saale und arbeitete im Anschluss sieben Jahre lang als Restaurator. 1940 wurde er zum Kriegsdienst verpflichtet und war bis zum Kriegsende Soldat. Er war danach Leiter der Restaurierungswerkstätten beim Landeskonservator für Denkmalpflege des Landes Sachsen-Anhalt und nahm 1950 einen Lehrauftrag an seiner ehemaligen Hochschule an. Dort erhielt er später eine Professur, obwohl seine Arbeiten im Zuge des Formalismusstreits kritisiert wurden. 1959 siedelte er nach Kassel in die Bundesrepublik über und war dort freischaffend tätig. Er war Mitglied der Darmstädter Sezession. Zu seinen Schülerinnen und Schülern gehörten unter vielen anderen Otto Möhwald, Hannes H. Wagner, Heinrich Apel und Herbert Kitzel.
In seinem Schaffen war er inspiriert von Matisse und Picasso, deren Einflüsse durch Bunges Schaffensphasen hinweg unterschiedlich stark erkennbar sind.

Dieses Gemälde, das fünf Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges geschaffen wurde, erzählt von einer idealistischen Vision der deutschen Nachkriegszeit, hinter der allerdings eine andersartige Realität hervorblitzt. Es zeigt eine Gruppe junger Menschen, die von Tauben umgeben sind. Heiterkeit und Tatendrang scheinen das Bildgeschehen zu beherrschen. Die Tauben als Symbol für den Frieden, die Jugend als Zeichen für Aufbruch und Hoffnung legen die Deutung nahe, dass Bunge hier abbildet, was in den 50er Jahren die Gedanken und Bestrebungen der deutschen Gesellschaft beherrschten: Die Abwendung von Krieg und Unfreiheit, die Jugend als treibende Kraft für den Aufbau einer neuen Gesellschaft und die kollektiven Hoffnung auf eine bessere Zukunft.
Allerdings zeigt dieses Bild Risse: Sind die Friedenstauben nicht mit gewöhnlichen Straßentauben durchmischt? Wirken die Gesichter nicht allzu gezwungen heiter, fast statisch? Durch den Lichteinfall und die Augenbrauen wirkt die Person im orangenen Kleid im Vordergrund fast, als trage sie eine Maske, ein Symbol des Sich-Versteckens und -Verstellens.
Tatsächlich zeigt sich hinter der Kulisse des blauen Himmels auf der linken Seite eine dunklere, weniger ansehnliche Realität im rechten Drittel des Bildes: Hier herrscht plötzlich eine graue Farbpalette, eine Kiste ist mit alten Nägeln verrammelt, sogar ein Stacheldrahtzaun wölbt sich um etwas, das links im Bild noch wie eine Balustrade erscheint, rechts im Bild plötzlich nach einer Mauer aussieht.
Aus Bunges Biographie wissen wir, dass er mit den Ideologien der DDR-Führung schon früh in Konflikt kam. Anfang der 50er Jahre spaltete der Formalismusstreit die Geister in der jungen DDR. Der Staat verfolgte eine klare Abgrenzung der DDR-Kunst vom westlichen Kulturbetrieb. Um dies zu erlangen, wurden zum Beispiel abstrakte Malweisen systematisch unterdrückt, Zensur erhielt Einzug an Kunsthochschulen und in anderen kulturellen Einrichtungen. Bunge arbeitet im vorliegenden Werk zwar gegenständlich, allerdings kritisiert er die gesellschaftlichen und politischen Zustände harsch. Während im Vordergrund der Neuanfang und die Abkehr vom Kriegstreiben zelebriert werden, deuten sich im Hintergrund bereits neue Einschränkungen und Zwänge in einer vom Grau geprägten Realität an.
Farblich auffällig ist vor allem der grüne Vogel ganz vorne im Bild. Was man auf den ersten Blick für eine Taube halten könnte, weist auf den zweiten Blick eher die Züge eines Phönix auf. Es gibt zwei Deutungsmöglichkeiten: Entweder es ist der ironisch inszenierte Phönix aus der Asche, der Deutschland in der Nachkriegszeit symbolisieren soll, oder er soll Hoffnung schaffen, indem Bunge bereits auf eine Zukunft verweist, in der das Land sich wiederholt neu erfindet und auch die neuen Repressalien überwindet. Wahrscheinlich bewegt sich der Vogel auf einer Meta-Ebene zwischen diesen beiden Interpretationen.
Schlagwörter: 20. Jahrhundert, Darmstädter Sezession, DDR Kunst, Figurative Kunst, Herbert Kitzel, Moderne Kunst, Nachkriegskunst, Otto Möhwald

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20 Apr 2024
Germany, Leipzig
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KURT BUNGE
(1911 Bitterfeld - 1998 Kassel)

Jugend, 1950
Öl auf Hartfaserplatte, 129 x 83 cm, gerahmt, unten signiert und datiert.

Provenienz: Privatbesitz Sachsen-Anhalt

Der in Bitterfeld geborene Bunge studierte von 1928 bis 1933 an der Kunstschule Burg Giebichenstein in Halle/Saale und arbeitete im Anschluss sieben Jahre lang als Restaurator. 1940 wurde er zum Kriegsdienst verpflichtet und war bis zum Kriegsende Soldat. Er war danach Leiter der Restaurierungswerkstätten beim Landeskonservator für Denkmalpflege des Landes Sachsen-Anhalt und nahm 1950 einen Lehrauftrag an seiner ehemaligen Hochschule an. Dort erhielt er später eine Professur, obwohl seine Arbeiten im Zuge des Formalismusstreits kritisiert wurden. 1959 siedelte er nach Kassel in die Bundesrepublik über und war dort freischaffend tätig. Er war Mitglied der Darmstädter Sezession. Zu seinen Schülerinnen und Schülern gehörten unter vielen anderen Otto Möhwald, Hannes H. Wagner, Heinrich Apel und Herbert Kitzel.
In seinem Schaffen war er inspiriert von Matisse und Picasso, deren Einflüsse durch Bunges Schaffensphasen hinweg unterschiedlich stark erkennbar sind.

Dieses Gemälde, das fünf Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges geschaffen wurde, erzählt von einer idealistischen Vision der deutschen Nachkriegszeit, hinter der allerdings eine andersartige Realität hervorblitzt. Es zeigt eine Gruppe junger Menschen, die von Tauben umgeben sind. Heiterkeit und Tatendrang scheinen das Bildgeschehen zu beherrschen. Die Tauben als Symbol für den Frieden, die Jugend als Zeichen für Aufbruch und Hoffnung legen die Deutung nahe, dass Bunge hier abbildet, was in den 50er Jahren die Gedanken und Bestrebungen der deutschen Gesellschaft beherrschten: Die Abwendung von Krieg und Unfreiheit, die Jugend als treibende Kraft für den Aufbau einer neuen Gesellschaft und die kollektiven Hoffnung auf eine bessere Zukunft.
Allerdings zeigt dieses Bild Risse: Sind die Friedenstauben nicht mit gewöhnlichen Straßentauben durchmischt? Wirken die Gesichter nicht allzu gezwungen heiter, fast statisch? Durch den Lichteinfall und die Augenbrauen wirkt die Person im orangenen Kleid im Vordergrund fast, als trage sie eine Maske, ein Symbol des Sich-Versteckens und -Verstellens.
Tatsächlich zeigt sich hinter der Kulisse des blauen Himmels auf der linken Seite eine dunklere, weniger ansehnliche Realität im rechten Drittel des Bildes: Hier herrscht plötzlich eine graue Farbpalette, eine Kiste ist mit alten Nägeln verrammelt, sogar ein Stacheldrahtzaun wölbt sich um etwas, das links im Bild noch wie eine Balustrade erscheint, rechts im Bild plötzlich nach einer Mauer aussieht.
Aus Bunges Biographie wissen wir, dass er mit den Ideologien der DDR-Führung schon früh in Konflikt kam. Anfang der 50er Jahre spaltete der Formalismusstreit die Geister in der jungen DDR. Der Staat verfolgte eine klare Abgrenzung der DDR-Kunst vom westlichen Kulturbetrieb. Um dies zu erlangen, wurden zum Beispiel abstrakte Malweisen systematisch unterdrückt, Zensur erhielt Einzug an Kunsthochschulen und in anderen kulturellen Einrichtungen. Bunge arbeitet im vorliegenden Werk zwar gegenständlich, allerdings kritisiert er die gesellschaftlichen und politischen Zustände harsch. Während im Vordergrund der Neuanfang und die Abkehr vom Kriegstreiben zelebriert werden, deuten sich im Hintergrund bereits neue Einschränkungen und Zwänge in einer vom Grau geprägten Realität an.
Farblich auffällig ist vor allem der grüne Vogel ganz vorne im Bild. Was man auf den ersten Blick für eine Taube halten könnte, weist auf den zweiten Blick eher die Züge eines Phönix auf. Es gibt zwei Deutungsmöglichkeiten: Entweder es ist der ironisch inszenierte Phönix aus der Asche, der Deutschland in der Nachkriegszeit symbolisieren soll, oder er soll Hoffnung schaffen, indem Bunge bereits auf eine Zukunft verweist, in der das Land sich wiederholt neu erfindet und auch die neuen Repressalien überwindet. Wahrscheinlich bewegt sich der Vogel auf einer Meta-Ebene zwischen diesen beiden Interpretationen.
Schlagwörter: 20. Jahrhundert, Darmstädter Sezession, DDR Kunst, Figurative Kunst, Herbert Kitzel, Moderne Kunst, Nachkriegskunst, Otto Möhwald

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20 Apr 2024
Germany, Leipzig
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