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Kollwitz, Käthe (1867 Königsberg - 1945 Moritzburg) Die Klage (Zum Gedenken Ernst Barlachs/ Selbstbildnis)

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Die Klage (Zum Gedenken Ernst Barlachs/ Selbstbildnis)

Bronze mit dunkelbrauner Patina. 1938-41.

26,6 x 25,5 x 9,7 cm.

Seitlich links signiert "KOLLWITZ", dort unten mit dem zweiteiligen Gießerstempel "H. Noack Berlin".

Seeler 38 II.A, Timm 59.

Kollwitz' bekannteste Plastik bezieht ihre besondere Wirkung aus einer immensen Vielschichtigkeit und Prägnanz. In dem fragmentarischen, engen Ausschnitt tritt ein Antlitz zutage, das selbstbildnishafte Züge trägt. Die linke Hand liegt über der linken Gesichtshälfte, und die rechte Hand bedeckt knapp die Lippen, der Daumen liegt vertikal am Kiefer. Das geschlossene rechte Auge verstärkt den Eindruck einer starken Abgrenzung nach außen. Diese korrespondiert zugleich mit einem regen Innenleben. Geradezu beispielhaft nimmt hier eine Konzentration auf das Innerste Gestalt an. Das Sich-Abschließen erscheint hier nicht als freiwilliger Rückzug, sondern als Ergebnis vom Einwirken äußerlicher Gewalt. Die über den Mund gelegte Hand verdeutlicht, dass nichts von innen nach außen gelangen soll. Mit dem aufrechten Daumen, der wie ein Ausrufezeichen wirkt, scheint zudem das Sprechen untersagt. Ist die an die Wange gelegte linke Hand ein seit der Antike überlieferter Trauergestus, so kommt mit der den Mund verschließenden Rechten noch das erzwungene Schweigen hinzu. Die Künstlerin arbeitete mit der Rechten, und da diese an das Mundhalten gebunden ist, zeigt Kollwitz sich gleichsam selbst als zur Tatenlosigkeit verurteilt.

"Die Klage" ist zum einen eine beeindruckende Stellungnahme zu ihrer eigenen Situation als Künstlerin zur Zeit des Zweiten Weltkriegs. Stellvertretend für alle, die unter der Diktatur leiden mussten, zeigt Kollwitz vielsagend anhand ihres Gesichts, was es bedeutet, zum Schweigen verurteilt zu sein und die Augen verschließen zu müssen vor einem Unrecht, das man doch nicht aus dem Sinn verbannen kann. Zum anderen ist die Bronze ein Denkmal für ihren Künstlerkollegen Barlach, entstanden unter dem Eindruck seines Todes und des furchtbaren Unrechts, das er unter der Herrschaft der Nationalsozialisten erleiden musste.

Unser Relief, in einem hervorragenden Guss mit wunderbar gleichmäßiger Patina, wurde bereits zu Kollwitz' Lebzeiten unter der Hand mittels Fotografien sowie Gipsabformungen und Metallgüssen verbreitet. Es ist das bei Institutionen und Sammlern bis heute begehrteste plastische Werk der Künstlerin.

Dr. Annette Seeler, Autorin des Werkverzeichnisses der Plastik von Kollwitz, hält unser Exemplar für einen der wenigen autorisierten, posthumen Güsse vom Modell II, die in den 1960er Jahren bei Noack für die Londoner Marlborough Gallery angefertigt wurden, und zwar genauer für einen der beiden Güsse, die 1967 für die für die Barlach-Kollwitz-Ausstellung in der Marlborough Gallery entstanden. Das Modell II wurde 1960/61 von der im Bestand von Hans Kollwitz befindlichen Bronze (Seeler 38 I.B.3) abgeformt; heute befindet es sich im Käthe Kollwitz Museum, Köln. Das ursprüngliche, seit 1945 genutzte Modell I (Seeler 38 I.A.) war zu dieser Zeit nicht mehr nutzbar und existiert nicht mehr. Bei der nächsten Aktualisierung des Onlinekataloges, der das Werkverzeichnis begleitet, wird unser Relief nach jetzigem Kenntnisstand unter die Vervielfältigungen in der Abteilung II.B aufgenommen werden. Wir danken Dr. Annette Seeler, Berlin, für die Bestätigung der Authentizität des Werks und die freundlichen Auskünfte vom 06.04.2023.

Provenienz: Marlborough Gallery, London (dort 1968 erworben, Rechnung liegt vor)

Sammlung David Finn, New Rochelle

Nye & Co, Bloomfield, NJ, Auktion 09.03.2023, Lot 343

Privatbesitz Berlin

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10 Jun 2023
Germany, Berlin
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Die Klage (Zum Gedenken Ernst Barlachs/ Selbstbildnis)

Bronze mit dunkelbrauner Patina. 1938-41.

26,6 x 25,5 x 9,7 cm.

Seitlich links signiert "KOLLWITZ", dort unten mit dem zweiteiligen Gießerstempel "H. Noack Berlin".

Seeler 38 II.A, Timm 59.

Kollwitz' bekannteste Plastik bezieht ihre besondere Wirkung aus einer immensen Vielschichtigkeit und Prägnanz. In dem fragmentarischen, engen Ausschnitt tritt ein Antlitz zutage, das selbstbildnishafte Züge trägt. Die linke Hand liegt über der linken Gesichtshälfte, und die rechte Hand bedeckt knapp die Lippen, der Daumen liegt vertikal am Kiefer. Das geschlossene rechte Auge verstärkt den Eindruck einer starken Abgrenzung nach außen. Diese korrespondiert zugleich mit einem regen Innenleben. Geradezu beispielhaft nimmt hier eine Konzentration auf das Innerste Gestalt an. Das Sich-Abschließen erscheint hier nicht als freiwilliger Rückzug, sondern als Ergebnis vom Einwirken äußerlicher Gewalt. Die über den Mund gelegte Hand verdeutlicht, dass nichts von innen nach außen gelangen soll. Mit dem aufrechten Daumen, der wie ein Ausrufezeichen wirkt, scheint zudem das Sprechen untersagt. Ist die an die Wange gelegte linke Hand ein seit der Antike überlieferter Trauergestus, so kommt mit der den Mund verschließenden Rechten noch das erzwungene Schweigen hinzu. Die Künstlerin arbeitete mit der Rechten, und da diese an das Mundhalten gebunden ist, zeigt Kollwitz sich gleichsam selbst als zur Tatenlosigkeit verurteilt.

"Die Klage" ist zum einen eine beeindruckende Stellungnahme zu ihrer eigenen Situation als Künstlerin zur Zeit des Zweiten Weltkriegs. Stellvertretend für alle, die unter der Diktatur leiden mussten, zeigt Kollwitz vielsagend anhand ihres Gesichts, was es bedeutet, zum Schweigen verurteilt zu sein und die Augen verschließen zu müssen vor einem Unrecht, das man doch nicht aus dem Sinn verbannen kann. Zum anderen ist die Bronze ein Denkmal für ihren Künstlerkollegen Barlach, entstanden unter dem Eindruck seines Todes und des furchtbaren Unrechts, das er unter der Herrschaft der Nationalsozialisten erleiden musste.

Unser Relief, in einem hervorragenden Guss mit wunderbar gleichmäßiger Patina, wurde bereits zu Kollwitz' Lebzeiten unter der Hand mittels Fotografien sowie Gipsabformungen und Metallgüssen verbreitet. Es ist das bei Institutionen und Sammlern bis heute begehrteste plastische Werk der Künstlerin.

Dr. Annette Seeler, Autorin des Werkverzeichnisses der Plastik von Kollwitz, hält unser Exemplar für einen der wenigen autorisierten, posthumen Güsse vom Modell II, die in den 1960er Jahren bei Noack für die Londoner Marlborough Gallery angefertigt wurden, und zwar genauer für einen der beiden Güsse, die 1967 für die für die Barlach-Kollwitz-Ausstellung in der Marlborough Gallery entstanden. Das Modell II wurde 1960/61 von der im Bestand von Hans Kollwitz befindlichen Bronze (Seeler 38 I.B.3) abgeformt; heute befindet es sich im Käthe Kollwitz Museum, Köln. Das ursprüngliche, seit 1945 genutzte Modell I (Seeler 38 I.A.) war zu dieser Zeit nicht mehr nutzbar und existiert nicht mehr. Bei der nächsten Aktualisierung des Onlinekataloges, der das Werkverzeichnis begleitet, wird unser Relief nach jetzigem Kenntnisstand unter die Vervielfältigungen in der Abteilung II.B aufgenommen werden. Wir danken Dr. Annette Seeler, Berlin, für die Bestätigung der Authentizität des Werks und die freundlichen Auskünfte vom 06.04.2023.

Provenienz: Marlborough Gallery, London (dort 1968 erworben, Rechnung liegt vor)

Sammlung David Finn, New Rochelle

Nye & Co, Bloomfield, NJ, Auktion 09.03.2023, Lot 343

Privatbesitz Berlin

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10 Jun 2023
Germany, Berlin
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