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Macke, August (1887 Meschede - 1914 Perthes-les-Hurlus) Garten am Thunersee III

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"Garten am Thunersee III"

Aquarell über Bleistift auf Bütten. 1914.

24 x 31 cm.

Verso mit dem roten Nachlaßstempel, dort von Elisabeth Erdmann-Macke mit Feder in Schwarz bezeichnet "120 a" sowie im Oberrand mit Bleistift betitelt und bezeichnet "verkäuflich" sowie "120 a".

Wohl Heiderich 531 (ohne Abb., Verbleib unbekannt).

Ein Paradies. Ein irdischer Garten Eden, kurz vor der Katastrophe. Die Natur ist lichterfüllt, Farben spielen, schimmern, leuchten. Diese großen Themen im Schaffen Mackes erscheinen hier als das konstituierende Grundmotiv. Zart durchlichtete und dann wieder kräftig kolorierte Felder in Rosa und Gelb, Blau und Grün, daneben kleinteilig aneinandergesetzte Farbtupfen bilden, einem facettierten Buntglasfenster ähnlich, die abstrahierte Gartenkulisse, in der sternförmig die Spitzen der gelbgrünen Palmen strahlen. Kühl und Warm, Hell und Dunkel stehen einander gegenüber, ebenso wie komplementäre Farbtöne. Die Kübel und Stämme der Palmen deuten das Motiv räumlich, ebenso wie die diagonal-perspektivisch angelegten Farbflächen im Bodenbereich. Wie bei den von seiner Tunesienreise zusammen mit Paul Klee und Louis Moilliet im April des Jahres 1914 inspirierten Tunisaquarellen schimmert auch hier stellenweise das weiße Papier durch das Farbmosaik hindurch. Fast wie bei einem Kirchenfenster sind die Felder der vertikal und diagonal strukturierten Farbflächen in den Helligkeitswerten schachbrettartig versetzt, die eckig zugespitzten, kristallinen Flächen und flachen Kurven sind in schwingender Bewegtheit fein gegeneinander ausbalanciert; sie grenzen sich in kraftvollem Hell-Dunkel klar voneinander ab und reflektieren Mackes Rezeption kubistischer Formgebung.

Künstlerisch wie auch kulturorganisatorisch stellten bereits die Jahre 1912/13 einen Höhepunkt im Schaffen Mackes dar, u. a. mit Ausstellungen des "Blauen Reiter" in München bei Thannhauser, in Köln, Hagen, Frankfurt und in der Berliner Galerie "Der Sturm", mit "Sonderbund"-Ausstellungen und dem Ersten Deutschen Herbstsalon. 1912 hatte Macke sowohl Bekanntschaft mit Delaunay in Paris geschlossen, die französischen Kubisten und vor allem Picasso beim "Sonderbund" gesehen, als auch im Kölner Kunstsalon Feldmann Werke der italienischen Futuristen kennengelernt.

Nachdem Macke das Schaffen Delaunays aufmerksam und interessiert verfolgt hatte, zeigt sich von dessen "Contrastes simultanés" insbesondere die kleine Reihe der Aquarelle aus Hilterfingen beeinflusst: 1914, im engen zeitlichen Zusammenhang mit Mackes Tunisreise, entstand im Garten vom Haus Rosengarten in Hilterfingen am Thuner See die in ihrer Strahlkraft herausragende kleine Werkgruppe von Gartenaquarellen (Heiderich 464-468). Vier von ihnen sind im Nachlass unter "A 120 a" bzw. "A 120" als "Unser Garten am See" verzeichnet; zwei davon waren bislang nur von Abbildungen bekannt, eines gilt als verschollen. Innerhalb dieses kleinen Werkkomplexes müsste das hier vorliegende Blatt, höchstwahrscheinlich die Nummer Heiderich 531, demnach mit größter Wahrscheinlichkeit zwischen den Werkkatalognummern 467 (Garten am Thunersee II) und 468 (Garten am Thunersee IV) angesiedelt werden.

In Komposition und Farbgebung ist unser Blatt insbesondere vergleichbar mit dem in der Albertina befindlichen "Garten am Thunersee" (Granatbaum und Palme im Garten, Inv.-Nr. DL82, Heiderich 465). Macke besaß einen französischen Klappkasten, der ihm als Reisestaffelei diente und in dem die Papierbögen seitlich rechts und links mit Bändern fixiert wurden; die daher rührenden weißen Streifen in den Seiten belegen die Entstehung des Aquarells direkt vor dem Motiv im Garten (Heiderich 1997, S. 43 und 48).

"Diese meisterlichen Aquarelle sind weit freier in Farbe und Form als die gleichzeitig entstandenen Gemälde. Sie zeigen den Künstler auf dem Höhepunkt seiner Schaffenskraft und öffnen ein kleines Fenster auf das, was hätte werden können, wäre die Kurve von Mackes Leben und Werk durch den Kriegsausbruch nicht so brutal abgeknickt worden." (Heiderich S. 48). Die Schönheit des Lebens aber hält Macke in diesem Aquarell noch einmal fest. Wir danken Dr. Tanja Pirsig-Marshall, Westfälisches Landesmuseum, Münster, für freundliche Hinweise vom 01.05.2023.

Provenienz: Nachlass des Künstlers, Bonn

Sammlung Dr. Rolf Parow

Privatbesitz Berlin (wohl seit den 1950er/1960er Jahren)

Ausstellung: Das junge Rheinland, Kölnischer Kunstverein, Köln 1918, evtl. Nr. 468 (Kat. unauffindbar)

August Macke, Graphisches Kabinett van Bergh und Comp. (Dr. Koch), Düsseldorf 1919

August Macke, Kestner-Gesellschaft, Hannover 1935, Nr. 78

Paula Modersohn-Becker 1876-1907. August Macke 1877-1914, Kunsthalle Basel, 1936, Nr. 144

Macke. Aquarell-Ausstellung, Städtisches Kunsthaus Bielefeld 1957, Nr. 415 (dort betitelt "Unser Garten am See 3"; nicht ausgestellt)

Literatur: Gustav Vriesen, August Macke, Stuttgart 1953, wohl Nr. 415 ("Unser Garten am See 3", Verbleib unbekannt)

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10 Jun 2023
Germany, Berlin
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"Garten am Thunersee III"

Aquarell über Bleistift auf Bütten. 1914.

24 x 31 cm.

Verso mit dem roten Nachlaßstempel, dort von Elisabeth Erdmann-Macke mit Feder in Schwarz bezeichnet "120 a" sowie im Oberrand mit Bleistift betitelt und bezeichnet "verkäuflich" sowie "120 a".

Wohl Heiderich 531 (ohne Abb., Verbleib unbekannt).

Ein Paradies. Ein irdischer Garten Eden, kurz vor der Katastrophe. Die Natur ist lichterfüllt, Farben spielen, schimmern, leuchten. Diese großen Themen im Schaffen Mackes erscheinen hier als das konstituierende Grundmotiv. Zart durchlichtete und dann wieder kräftig kolorierte Felder in Rosa und Gelb, Blau und Grün, daneben kleinteilig aneinandergesetzte Farbtupfen bilden, einem facettierten Buntglasfenster ähnlich, die abstrahierte Gartenkulisse, in der sternförmig die Spitzen der gelbgrünen Palmen strahlen. Kühl und Warm, Hell und Dunkel stehen einander gegenüber, ebenso wie komplementäre Farbtöne. Die Kübel und Stämme der Palmen deuten das Motiv räumlich, ebenso wie die diagonal-perspektivisch angelegten Farbflächen im Bodenbereich. Wie bei den von seiner Tunesienreise zusammen mit Paul Klee und Louis Moilliet im April des Jahres 1914 inspirierten Tunisaquarellen schimmert auch hier stellenweise das weiße Papier durch das Farbmosaik hindurch. Fast wie bei einem Kirchenfenster sind die Felder der vertikal und diagonal strukturierten Farbflächen in den Helligkeitswerten schachbrettartig versetzt, die eckig zugespitzten, kristallinen Flächen und flachen Kurven sind in schwingender Bewegtheit fein gegeneinander ausbalanciert; sie grenzen sich in kraftvollem Hell-Dunkel klar voneinander ab und reflektieren Mackes Rezeption kubistischer Formgebung.

Künstlerisch wie auch kulturorganisatorisch stellten bereits die Jahre 1912/13 einen Höhepunkt im Schaffen Mackes dar, u. a. mit Ausstellungen des "Blauen Reiter" in München bei Thannhauser, in Köln, Hagen, Frankfurt und in der Berliner Galerie "Der Sturm", mit "Sonderbund"-Ausstellungen und dem Ersten Deutschen Herbstsalon. 1912 hatte Macke sowohl Bekanntschaft mit Delaunay in Paris geschlossen, die französischen Kubisten und vor allem Picasso beim "Sonderbund" gesehen, als auch im Kölner Kunstsalon Feldmann Werke der italienischen Futuristen kennengelernt.

Nachdem Macke das Schaffen Delaunays aufmerksam und interessiert verfolgt hatte, zeigt sich von dessen "Contrastes simultanés" insbesondere die kleine Reihe der Aquarelle aus Hilterfingen beeinflusst: 1914, im engen zeitlichen Zusammenhang mit Mackes Tunisreise, entstand im Garten vom Haus Rosengarten in Hilterfingen am Thuner See die in ihrer Strahlkraft herausragende kleine Werkgruppe von Gartenaquarellen (Heiderich 464-468). Vier von ihnen sind im Nachlass unter "A 120 a" bzw. "A 120" als "Unser Garten am See" verzeichnet; zwei davon waren bislang nur von Abbildungen bekannt, eines gilt als verschollen. Innerhalb dieses kleinen Werkkomplexes müsste das hier vorliegende Blatt, höchstwahrscheinlich die Nummer Heiderich 531, demnach mit größter Wahrscheinlichkeit zwischen den Werkkatalognummern 467 (Garten am Thunersee II) und 468 (Garten am Thunersee IV) angesiedelt werden.

In Komposition und Farbgebung ist unser Blatt insbesondere vergleichbar mit dem in der Albertina befindlichen "Garten am Thunersee" (Granatbaum und Palme im Garten, Inv.-Nr. DL82, Heiderich 465). Macke besaß einen französischen Klappkasten, der ihm als Reisestaffelei diente und in dem die Papierbögen seitlich rechts und links mit Bändern fixiert wurden; die daher rührenden weißen Streifen in den Seiten belegen die Entstehung des Aquarells direkt vor dem Motiv im Garten (Heiderich 1997, S. 43 und 48).

"Diese meisterlichen Aquarelle sind weit freier in Farbe und Form als die gleichzeitig entstandenen Gemälde. Sie zeigen den Künstler auf dem Höhepunkt seiner Schaffenskraft und öffnen ein kleines Fenster auf das, was hätte werden können, wäre die Kurve von Mackes Leben und Werk durch den Kriegsausbruch nicht so brutal abgeknickt worden." (Heiderich S. 48). Die Schönheit des Lebens aber hält Macke in diesem Aquarell noch einmal fest. Wir danken Dr. Tanja Pirsig-Marshall, Westfälisches Landesmuseum, Münster, für freundliche Hinweise vom 01.05.2023.

Provenienz: Nachlass des Künstlers, Bonn

Sammlung Dr. Rolf Parow

Privatbesitz Berlin (wohl seit den 1950er/1960er Jahren)

Ausstellung: Das junge Rheinland, Kölnischer Kunstverein, Köln 1918, evtl. Nr. 468 (Kat. unauffindbar)

August Macke, Graphisches Kabinett van Bergh und Comp. (Dr. Koch), Düsseldorf 1919

August Macke, Kestner-Gesellschaft, Hannover 1935, Nr. 78

Paula Modersohn-Becker 1876-1907. August Macke 1877-1914, Kunsthalle Basel, 1936, Nr. 144

Macke. Aquarell-Ausstellung, Städtisches Kunsthaus Bielefeld 1957, Nr. 415 (dort betitelt "Unser Garten am See 3"; nicht ausgestellt)

Literatur: Gustav Vriesen, August Macke, Stuttgart 1953, wohl Nr. 415 ("Unser Garten am See 3", Verbleib unbekannt)

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10 Jun 2023
Germany, Berlin
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